Vermögensnachfolge: Steueroptimierung durch das Family Office Management

Die strategische, rechtliche und steuerliche Planung der Vermögensnachfolge gehört zu den wichtigsten Aufgaben im Family Office Management. Zu den besonderen Herausforderungen eines Family Offices zählt daher, den Vermögensübergang möglichst „steuerschonend“ zu gestalten.

Von Prof. Dr. Maximilian A. Werkmüller, Professor für Finanzen und Family Office Management an der Allensbach Hochschule

Die Planung der Vermögensnachfolge gehört zu den Kerndienstleistungen des Family Office Managements. Sie ist, ebenso wie die strategische Vermögensplanung, ein revolvierender Prozess, der ständig sich ändernden Gegebenheiten unterliegt. Das Steuerrecht gibt dabei einen Rahmen vor, innerhalb dessen man gestalten und optimieren kann. Zu den besonderen Herausforderungen eines Family Offices gehört es, den Vermögensübergang möglichst „steuerschonend“ zu gestalten.

Es gilt die Maxime „soviel wie nötig, so wenig wie möglich“. Hier ist Kreativität gefordert. Eine mit dem Tod fällige Erbschaftsteuer kann, gerade bei großen Vermögen, schnell eine erhebliche Liquiditätsbelastung darstellen. Diese ist innerhalb der gesetzten Frist zu bedienen. Der Family Officer muss deshalb informiert sein, welche Strukturen helfen, die Steuerbelastung bei lebzeitigen Übertragungen (Schenkungen) und beim Erbfall zu reduzieren. Hier ist Kreativität gefragt und auch erwünscht.

Die beiden nachfolgenden Fälle zeigen, wie es gelingen kann, die Steuerbelastung auf einen Vermögenstransfer zu vermindern.

Vermögensnachfolge: Erbschaftsteuerrecht im Wandel der Zeiten

Betrachtet man es historisch, so kann man sagen, dass das Erbschaftsteuerrecht in Deutschland in regelmäßig wiederkehrenden Abständen auf dem Richtertisch landet – bevorzugt beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Ebenso sicher ist dabei auch, dass die Richter daran etwas zu beanstanden haben.

In der jüngeren Geschichte sind zwei Grundsatzentscheidungen zu nennen, welche das geltende Erbschaftsteuerrecht maßgeblich beeinflusst haben: Zum einen gab es den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. November 2006 (1 BvL 10/02), in welchem die Richter anmahnten, dass jeder Vermögensgegenstand, der besteuert werde, zunächst auf Grundlage seines „gemeinen Werts“ – gemeint ist der Verkehrswert – bewertet werden müsse. Erst auf einer zweiten Stufe könnten steuerliche Privilegierungen greifen.

Damit beendeten die Richter die bis dahin schon im Bewertungsstadium vorgenommenen Ungleichbehandlungen verschiedener Wirtschaftsgüter. Ein Gesellschaftsanteil, der vererbt oder verschenkt wurde, sollte unabhängig von seiner Rechtsform einheitlich bewertet werden. Dies ist seinerzeit vom Gesetzgeber auch umgesetzt worden. Allerdings war die Mechanik der erbschaftsteuerlichen Vergünstigungen, die eigentlich nur für Betriebsvermögen galten, so einladend, diese auch für „eingefärbtes“ Betriebsvermögen zu nutzen, dass die Richter erneut angerufen wurden. Mit Urteil vom 17. Dezember 2014 stellte das Bundesverfassungsgericht fest, dass die Mechanik der erbschaftsteuerlichen Verschonung zu „gestaltungsoffen“ wäre und man darüber hinaus „fließende Übergänge“ einbauen müsste, um Verstöße gegen den Gleichheitsgrundsatz zu vermeiden.

Gesagt – getan. Mit einigen Unregelmäßigkeiten im parlamentarischen Verfahren verabschiedete der Deutsche Bundestag, nota bene: nach Ablauf der ihm dafür vom Gericht hierfür gesetzten Frist – das heute geltende Erbschaftsteuerrecht und setzte es rückwirkend zum 1. Juli 2016 in Kraft. Ob dieses neue Erbschaftsteuerrecht einer erneuten Prüfung in Karlsruhe standhalten würde, darf bezweifelt werden. Solange eine Norm aber durch das Bundesverfassungsgericht nicht für nichtig oder für verfassungswidrig erklärt wurde, ist sie durch die Finanzverwaltung anzuwenden.

Zur Legitimation der steuerlichen Optimierung in der Vermögensnachfolge

Die steuerliche Optimierung der Vermögensnachfolge ist in Deutschland noch immer legal und legitim. Jeder Vermögensinhaber hat ein Interesse daran, dass sein in der Regel aus versteuertem Einkommen aufgebautes Vermögen möglichst steuerschonend bei den Kindern ankommt. Das Damoklesschwert des steuerlichen Missbrauchs aus § 42 der Abgabenordnung wurde durch umfangreiche Katalogtatbestände, welche für den Übergang verschonungsfähiger Vermögensbestandteile regeln, was man darf und was nicht, weitgehend entschärft. Dies lässt es attraktiv erscheinen, direkt auf den Wortlaut einer steuerlichen Norm hin zu gestalten.

Fall 1: Vermögensnachfolge durch Versicherungslösung über GmbH

Man denke folgenden Fall: Ein vermögender Privatier lebt seit vielen Jahren mit seiner Lebensgefährtin zusammen. Nun überlegt er, wie er ihr, möglichst ohne zu viel Schenkungsteuer auszulösen, einen größeren Vermögensbestandteil zukommen lassen kann, um sie zu versorgen. Er denkt an einen Betrag in Höhe von einer Million Euro.

Würde unser Vermögensinhaber seine Lebensgefährtin direkt bedenken, so wäre die Summe abzüglich eines vergleichsweise geringen Freibetrages in Höhe von 20.000 Euro mit 30 Prozent Schenkungsteuer belegt. Rund 300.000 Euro landen also beim Fiskus. Gründet unser Vermögensinhaber hingegen eine GmbH und wird diese (vertraglicher) Bestandteil einer Versicherungslösung, so kann er die Gesellschaftsanteile an dieser GmbH unter Umständen schenkungsteuerfrei auf seine Lebensgefährtin übertragen. Diese muss die Anteile über einen Zeitraum von sieben Jahren behalten, bevor sie über die Ablaufleistung der Police verfügen kann. „Halteprämie“ ist die Steuerfreiheit des Vermögensübergangs.

Wie funktioniert das? Der Anspruch auf Auszahlung der Ablaufsumme eines Lebensversicherungsvertrages ist ein sogenannter Sachleistungsanspruch. Er ist im Katalog des Verwaltungsvermögens (bislang) nicht aufgenommen worden. Damit ist der Übergang des GmbH-Geschäftsanteil verschonungsfähig. Optiert man zur sogenannten „Verschonungsoption“, so bleibt der Erwerb – ceteris paribus – erbschaftsteuerfrei. Ganz nebenbei profitiert die GmbH auch von den sonstigen Vorteilen einer Versicherungspolice. In ertragsteuerlicher Hinsicht ließe sich der Sachverhalt noch dahingehend optimieren, dass der Versicherer die eingezahlte Prämie ausschließlich in Aktien oder Aktienfonds investiert und er dem Versicherungsnehmer (der GmbH) bei Fälligkeit einen Sachleistungsanspruch auf Übertragung der Wertpapiere einräumt.

Durch diese Struktur kann die Gesellschaft bei der weiteren Vermögensverwaltung vom körperschaftsteuerlichen Schachtelprivileg profitieren und zahlt so gut wie keine Körperschaftsteuer auf die Veräußerungsgewinne der Papiere. Bei all diesen Gestaltungen ist selbstverständlich darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber die aktuellen Voraussetzungen jederzeit ändern und damit politisch unerwünschte Gestaltungen unterbinden kann. Tut er dies nicht, kann auch das Bundesverfassungsgericht einschreiten, wie gezeigt. Solange diese Optionen allerdings bestehen, ist die Nutzung absolut zulässig.

Fall 2: Erbschaftsteuerpolice für Liquidität von außen

Unternehmer U ist Alleingesellschafter der U GmbH & Co. KG, die als Leasingunternehmen mit hohen Forderungsbeständen arbeitet und deren Gesellschaftsanteile deswegen (!) in erbschaftsteuerlicher Hinsicht nicht verschonungsfähig sind. U schließt auf sein Ableben bei einem Versicherer eine sogenannte „Erbschaftsteuerpolice“ ab. Versicherungsnehmer wird der künftige Erbe. Die Prämie berechnet sich auf die erwartete Höhe der Erbschaftsteuer im Erbfall. Vorteil: Der Liquiditätszufluss für die Bezahlung der Erbschaftsteuer kommt „von außen“ und belastet die Ressourcen der KG nicht. Auch hier schafft der Einsatz einer Lebensversicherungspolice einen kreativen und liquiditätsschonenden Mehrwert.

Fazit: Strategien zur Steueroptimierung entwickeln

Zu den Aufgaben eines Family Offices gehört es, Strategien zur Steueroptimierung der Vermögensnachfolge zu entwickeln, die praxistauglich und „gestaltungsfest“ sind. Hier ist kein Raum für Experimente. Dies setzt aber voraus, dass man das geltende Steuerrecht kennt und kreativ anwenden kann. An der Allensbach Hochschule lehren wir die Grundzüge des nationalen und internationalen Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts sowie die Ansätze zur steueroptimierten Vermögensnachfolge, unter anderem im Rahmen unseres Studiengangs Master Finance (M.A.). Unser Kooperationspartner, die Lombard International Assurance S.A. mit Sitz in Luxemburg, unterstützt uns freundlicherweise in der wissenschaftlichen Forschung und sorgt für den bei unseren Studierenden so hoch geschätzten Praxisbezug.

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