Unternehmensnachfolge richtig gestalten: Ohne Kommunikation geht nichts

Auf den gesamten Mittelstand rollt die sogenannte Nachfolgewelle zu. Die Unternehmensnachfolge ist ein weitreichendes Thema. Dabei entstehen vor allem steuerlich und rechtlich zum Teil komplexe Fragestellungen. Nicht zu vergessen ist auch die Rolle der Kommunikation. Fehlende Kommunikation kann zu Nachteilen im Übergabeprozess führen.

Von Prof. Dr. Patrick Peters, Professur für PR, Kommunikation und digitale Medien an der Allensbach Hochschule

Die Zahlen sind eindeutig. Experten und Forschungsinstitute wie das Institut für Mittelstandsforschung Bonn (IfM Bonn) sprechen von mehreren 10.000 Unternehmen jährlich, in denen sich aus Altersgründen an der Spitze ein Wechsel anbahnt. Das sind zu fast 100 Prozent familiengeführte Unternehmen aus dem Mittelstand. Die Bandbreite reicht von Kleinst- und Kleinunternehmen mit unter 50 Mitarbeitern bis hin zu internationalen Gesellschaften. Diese sind trotz ihrer Größe von einer Eigentümerfamilie kontrolliert und in der Regel auch operativ geführt.

Das hat weitreichende Konsequenzen, wie es im „Nachfolgemonitor 2019“ heißt: „Der Mittelstand ist durch die Einheit von Eigentum und Leitung gekennzeichnet. Daher stellt die Unternehmensnachfolge die wesentliche strategische Herausforderung aller mittelständischen Unternehmen dar. Nicht nur eine neue Geschäftsführerin oder ein neuer Geschäftsführer müssen gefunden werden, sondern eine neue Unternehmerin oder ein neuer Unternehmer. Durch den mit über 99 Prozent weit überwiegenden Anteil der Unternehmen kleinster, kleiner und mittlerer Größe hängt in Deutschland die Mehrzahl der Arbeitsplätze vom Erfolg der Übergabe des Betriebs an die nächste Generation ab.“

Unternehmensnachfolge: konsequente und individualisierte Kommunikationsstrategie wichtig

Bei der Unternehmensnachfolge sind Unternehmer gefragt, gemeinsam mit ihren Beratern Planung, Regelung und Umsetzung der Unternehmensnachfolge aufzuarbeiten. Der Prozess zieht sich in der Regel über einen längeren Zeitraum in einer rechtlich, steuerlich und strategisch stimmigen Struktur. Das gilt hinsichtlich der die Nachfolge regelnden Verträge, der Optimierung der Steuerlast oder der Rolle des Senior-Unternehmers nach der erfolgten Übergabe. Ebenso stellt sich in der Praxis oft die Frage nach der richtigen Kommunikation bei der Unternehmensnachfolge. Ohne eine konsequente und individualisierte Kommunikationsstrategie erscheint es kompliziert, den Nachfolgeprozess erfolgreich durchzuführen und den neuen Eigentümer in einer starken Position einzuführen.

Wer kommuniziert wann mit wem und warum?

In der Wissenschaft wird deshalb die gelungene Kommunikation zwischen Übergeber und Übernehmer als eine der Erfolgsfaktoren für Unternehmensnachfolgen benannt (vgl. Marcus Stumpf und Carsten Mestrom: „Kommunikation im Prozess der Unternehmensnachfolge“). Das gilt umso mehr bei Familienunternehmen. Dabei ist es zunächst unerheblich, ob die Unternehmensnachfolge familienintern (Familienmitglied als Nachfolger) oder familienextern (durch einen Käufer) erfolgt.

Ganz wesentlich für die Nachfolgekommunikation ist die Klärung der Frage: Wer kommuniziert eigentlich wann mit wem und zu welchem Zweck? Jedes Unternehmen hat eine ganze Reihe sogenannter Stakeholder. Das sind diejenigen Personen, die ein berechtigtes Interesse an der Entwicklung eines Unternehmens haben. Das sind die Gesellschafter, Mitarbeiter, finanzierende Banken, Lieferanten, Kunden, Dienstleister und andere mehr. Sie nehmen zwar unterschiedliche Rollen und Perspektiven bei der Unternehmensnachfolge ein, da ihr Interesse jeweils anders ausgestaltet ist. Nichtsdestotrotz muss jede dieser Anspruchs- und Interessengruppen in der Nachfolgekommunikation adressiert werden, um ihr Informationsbedürfnis zu befriedigen, Akzeptanz für die Entscheidung zu schaffen und frühzeitig offenen Fragen und gegebenenfalls auch Sorgen zur zukünftigen Entwicklung des Unternehmens und dem aufgebauten Verhältnis zwischen Firma und Stakeholder zu begegnen.

Viele Gruppen in die Kommunikation einbinden

Anhaltspunkte für die Beantwortung der Frage, wer zu welchem Zeitpunkt mit welchen Inhalten adressiert werden sollte, liefert das sogenannte „St.Galler Nachfolge-Modell“. Das ist ein Rahmenkonzept für eine ganzheitliche Unternehmensnachfolge im Kontext familiengeführter Kleinst-, Klein- und Mittelunternehmen (KMU). Begründer sind Frank Halter und Ralf Schröder. Aus diesem Modell lassen sich bestimmte Phasen in der Nachfolgekommunikation ableiten und mit Blick auf die Praxis ergänzen beziehungsweise anpassen.

Besondere Bedeutung haben Ehe- beziehungsweise Lebenspartners und Kinder, Führungskräfte des Unternehmens, die wichtigen Berater wie Steuerberater und Rechtsanwalt, die Banken und Finanzierungspartner und nicht zuletzt die Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten des Unternehmens. Zusätzlich gilt es, die Information des allgemeinen Marktumfelds, in dem das Unternehmen im Kern aktiv ist (bei Bestattungsunternehmen vor allem mit Blick auf den Standort und die Menschen der Region), und die Information ‚sozialer‘ Stakeholder, beispielsweise Kirchen, Einrichtungen der Gesundheits- und Altenpflege, Vereine und andere Institutionen, die mit dem Bestattungsunternehmen zu tun haben und möglicherweise in irgendeiner Form der Zusammenarbeit von Zuwendungen profitieren.

Transparente Kommunikation, die alle Stakeholder einbezieht

Diese Gruppen müssen zwingend in den Kommunikationsprozess eingebunden werden, da sie jeweils spezifische Interessen an dem Unternehmen haben und Informationen über die geplante Nachfolge erhalten wollen und müssen. Im Fokus steht, Vertrauen für die geplante Übergabe zu schaffen, um die Beteiligten in den Prozess einzubinden und sich deren Loyalität und positive Aktivität im Prozess zu sichern. Die Praxis zeigt immer wieder, dass mangelndes Vertrauen wirtschaftliche Aktivitäten erheblich beschädigen kann. Ohne transparente Kommunikation, die alle Stakeholder einbezieht und deren persönliche Interessenlagen berücksichtigt, kann es sehr schwierig sein, die notwendige Unterstützung für den Prozess zu erhalten und sich deren Partnerschaft und Zusammenarbeit zu versichern. In jeder Phase kann mangelhafte Kommunikation zu einer weitreichenden Schädigung des Nachfolgeprozesses führen.

Gerüchte bei der Unternehmensnachfolge müssen dringend vermieden werden

Ein konkretes Beispiel für die Gefahren unzureichender Kommunikation: Wenn der Übergeber es versäumt, die Mitarbeiter zum richtigen Zeitpunkt über die geplante Übertragung zu informieren, können diese es wiederum über andere Kanäle hören (Gerüchte!). Dadurch entsteht eine große Unsicherheit aufgrund einer ungeklärten Zukunftsperspektive, sodass es in der Folge vielleicht zu Kündigungen oder einem hohen Motivationsabfall kommt. Das ist über alle Phasen hinweg extrem schädlich, da sich Leistungsabfälle der Arbeitnehmer unmittelbar in der betriebswirtschaftlichen Performance niederschlagen. Gegebenenfalls kann dies sogar zu Bewertungsabschlägen bei der Kaufpreisermittlung führen oder auch zu einer langfristigen Reduzierung der Substanz und der Reputation im Markt. Das ist sowohl für Übergeber als auch Übernehmer suboptimal. Solche Risiken gelten parallel auch für alle anderen Anspruchsgruppen.

Möglichkeit der direkten Kommunikation wahrnehmen

Das Timing ist also das A und O bei der Kommunikation einer Unternehmensübergabe. Nach dem Modell der Kommunikationskaskade sollte ein detaillierter Zeitplan entstehen, damit sich keine Stakeholder-Gruppe abgehängt/übergangen fühlt. Strukturierte Kommunikation auf allen Ebenen verhindert Gerüchte, die einen Prozess erschweren können und die später mühselig aufgeräumt werden müssen. Dabei kommt es auch auf persönliche Gespräche an. So oft wie möglich sollte die Möglichkeit der direkten Kommunikation wahrgenommen werden. Das schafft Vertrauen und kann Unklarheiten vermeiden. Auf der anderen Seite gilt es auch, die richtigen Kommunikationsinstrumente festzulegen. Das reicht von internen Bekanntmachungen und persönlichen Schreiben über Informationsveranstaltungen bis hin zur Pressearbeit und dem Einsatz von Anzeigen und Social Media. Verschiedene Botschaften für die diversen Interessensgruppen müssen jeweils passend abgebildet werden.

Unternehmer sind daher gefragt, frühzeitig bei der Planung der Unternehmensnachfolge die Kommunikation einzubeziehen und diese als relevanten Teil des Nachfolgeprozesses anzusehen. Der Aufwand kann sich in Grenzen halten mit großen Erfolgsaussichten in der Unternehmensübergabe. Im Rahmen der Vertiefung PR- und Kommunikationsmanagement an der Allensbach Hochschule im Rahmen des Bachelor Betriebswirtschaftslehre online (B.A.) lernen Studierende solche und andere Herausforderungen in der Kommunikation kennen.

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