Registerpublizität bei Stiftungen – wieviel Transparenz ist notwendig?
Mit dem Inkrafttreten des neuen Stiftungsregisters zum 1. Januar 2026 beginnt für Stiftungen in Deutschland eine neue Ära der Transparenz und Bürokratie. Erstmals entsteht eine bundesweit einheitliche, öffentlich einsehbare Registerstelle, das verpflichtend alle bestehenden und neu gegründeten Stiftungen bis Ende 2026 erfasst. Das elektronische Register ersetzt langfristig die bisherigen landesrechtlichen Stiftungsverzeichnisse und dokumentiert den gesamten Lebenszyklus einer Stiftung – von der Errichtung über Satzungsänderungen bis hin zu möglichen Insolvenzverfahren. Während dies den Informationszugang für die Öffentlichkeit erheblich erweitert, wirft es zugleich erhebliche datenschutzrechtliche Fragen auf. Besonders für privatnützige Familienstiftungen entsteht durch die Registerpublizität bei Stiftungen ein Spannungsfeld zwischen Transparenzpflicht und dem Schutz vertraulicher Vermögensstrukturen. Rechtzeitig geplante Maßnahmen, etwa gezielte Einsichtnahmebeschränkungen oder – bei Neugründungen – eine Verlagerung ins Ausland, können helfen, unerwünschte Offenlegungen zu vermeiden.
From Prof. Dr. Maximilian A. Werkmüller, LL.M, Professur für Finance und Family Office Management
Zum 1. Januar 2026 tritt mit der Einführung des sog. Stiftungsregisters (§§ 82b ff. BGB) der zweite Teil des Stiftungsreformgesetzes aus dem Jahr 2021 in Kraft. Sämtliche Stiftungen, auch bereits bestehende, sind dort bis zum 31. Dezember 2026 einzutragen. Mit diesem Register existiert erstmals in der Geschichte eine bundeseinheitliche Stelle, bei welcher Interessierte Auskünfte über Stiftungen erhalten. Das Stiftungsregister tritt neben das Transparenzregister, in welchem rechtsfähige Stiftungen ebenfalls seit dem Jahr 2017 einzutragen sind. Die bislang auf Ebene der Bundesländer geführten sog. Stiftungsverzeichnisse werden vermutlich schnell an Bedeutung verlieren und sicherlich „auf Sicht“ eingestellt werden. Das Stiftungsregister wird zwar elektronisch geführt, die Anmeldung muss indes in notariell beglaubigter Form erfolgen.
Registerpublizität bei Stiftungen im Überblick
Im Gegensatz zum Transparenzregister, bei welchem neben der Rechtseinheit „Stiftung“ in der Regel deren Vorstände und, zumindest bei Familienstiftungen, auch Destinatäre zu erfassen sind, müssen beim Stiftungsregister neben der Errichtungssatzung auch sämtliche weiteren Änderungen daran in Textform hinterlegt werden. Das Stiftungsregister bildet den gesamten Lebenszyklus einer Stiftung ab. Aus diesem Grund sind die dort einzutragenden Informationen und Vorgänge umfangreich. So sind beispielsweise einzutragen
- der Name, der Sitz, das Datum der Anerkennung oder der Genehmigung der Stiftung oder der vergleichbaren behördlichen Entscheidung bei Stiftungen die vor dem 1. Januar 1900 errichtet wurden oder durch eine Zusammenlegung entstanden sind,
- bei Verbrauchsstiftungen auch die Zeit der Stiftungserrichtung, der Vorname, der Name, das Geburtsdatum und der Wohnort der Mitglieder des Vorstands und deren Vertretungsmacht,
- die satzungsmäßigen Beschränkungen der Vertretungsmacht des Vorstands nach § 84 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
- der Vorname, der Name, das Geburtsdatum und der Wohnort der besonderen Vertreter und deren Vertretungsmacht,
- die nach der Eintragung der Stiftung erfolgten Satzungsänderungen durch die zuständigen Stiftungsorgane oder die nach Landesrecht zuständige Behörde,
- das Erlöschen der übertragenden Stiftung durch Zulegung und Zusammenlegung,
- die Auflösung der Stiftung nach § 87 des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
- die Aufhebung der Stiftung nach § 87a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
- die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters, wenn zusätzlich der Stiftung ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wird oder angeordnet wird, dass Verfügungen der Stiftung nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind,
- die Auflösung der Stiftung nach § 87b des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens, einschließlich einer Anordnung der Eigenverwaltung durch die Stiftung und einer Anordnung der Zustimmungsbedürftigkeit bestimmter Rechtsgeschäfte, oder durch Beschluss, mit dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse rechtskräftig abgewiesen worden ist, die Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses, der Anordnung der Eigenverwaltung oder der Anordnung der Zustimmungsbedürftigkeit bestimmter Rechtsgeschäfte,
- die Einstellung des Insolvenzverfahrens, die Aufhebung des Insolvenzverfahrens, die Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans und deren Aufhebung, der Vorname, der Name, das Geburtsdatum und der Wohnort der Liquidatoren und deren Vertretungsmacht sowie satzungsmäßige Beschränkungen der Vertretungsmacht nach § 87c Absatz 2 Satz 2, § 48 Absatz 2 und § 84 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und die Beendigung der Stiftung.
Ein wenig überraschend ist bei dieser Vielzahl von Eintragungsverpflichtungen, dass die Abfrage des Stiftungszwecks fehlt. Offenbar geht der Gesetzgeber davon aus, dass sich dieser für den geneigten Leser aus der Stiftungssatzung ableiten lässt. Auch die Destinatäre sind, anders als beim Transparenzregister, nicht zu erfassen.
Keine Einsichtnahme in Dokumente von Familienstiftungen?
Bei dieser Informationsvielfalt drängt sich zu Recht die Frage auf, in welchem Umfang der Datenschutz der Betroffenen gewahrt wird. Während beim Transparenzregister die Einsichtnahmerechte Dritter, d.h. von Personen, welche kein berechtigtes Interesse nachweisen können, durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2022 eingeschränkt wurde, gestattet das neue Stiftungsregister „jedermann“ und „jederzeit“ Einblick, § 15 Stiftungsregistergesetz. Allerdings ist auf Antrag eine Beschränkung der Einsichtnahme mit Blick auf die einzureichenden Dokumente möglich, wenn ein „berechtigtes Interesse“ der Betroffenen vorliegt. Wann dies der Fall ist, regelt das Gesetz hingegen nicht. Dem Vernehmen nach sollen erste Landesbehörden bereits beschlossen haben, beim Stiftungsregister eingereichte Dokumente überhaupt nicht zugänglich zu machen, wenn es sich um Familienstiftungen handelt.
Beim Stiftungsregister Einsichtnahmebeschränkungen beantragen
Es leicht nachvollziehbar, dass Familien, welche ihr Vermögen durch privatnützige Familienstiftungen verwalten, kein Interesse daran haben, jedem, der es wissen möchte, die Strukturdaten dieser Stiftung offen zu legen. Aus diesem Grund ist es ratsam, bereits jetzt Abwehrstrategien zu überlegen. Eine sehr wirkungsvolle Maßnahme, um den Eintragungsverpflichtungen des Stiftungsregisters zu entgegen, ist, die Stiftung nicht im Inland sondern im Ausland zu errichten, z.B. in Liechtenstein oder in Österreich. Diese Maßnahme ist indes für Bestandsstiftungen wirkungslos. Schließlich wird eine Sitzverlegung ins Ausland von der deutschen Finanzverwaltung steuerlich als Auflösung und Neuerrichtung der Stiftung gewertet.
Daraus ergeben sich erhebliche erbschaft- und schenkungsteuerliche Konsequenzen. Bestandsstiftungen ist zu empfehlen, beim Stiftungsregister entsprechende Einsichtnahmebeschränkungen zu beantragen. Das gilt insbesondere dann, wenn die Stiftungssatzung nähere Informationen zum Vermögen der Stiftung enthält. In welchem Umfang der Gesetzgeber bei den Einsichtnahmerechten nachbessert oder sogar ein Gericht helfen muss, ist derzeit noch nicht abzusehen. Wohl aber, dass sich bei den Notaren schnell die Terminkalender für 2026 füllen dürften.